Vom Wert des Handgemachten

Gedruckte Bücher sind das täglich Brot im HANDMADE-Redaktionsbüro. Trotzdem stellt sich auch für uns die Frage: Sind Printprodukte überhaupt noch zeitgemäß? Wir leben nicht nur in digitalen Zeiten, wir leben auch mit einer Künstlichen Intelligenz. Braucht es also noch menschliche Autoren, wo es doch ausgesprochen fähige Textroboter wie ChatGPT gibt? Und braucht es noch Bücher aus Druckerschwärze und Papier, wo wir zu jeder Tages- und Nachtzeit von allwissenden Smartphones umgeben sind?

Jeder Trend hat seinen Gegentrend. Schon deshalb entsprechen hochwertig produzierte, ästhetisch gestaltete Bücher unserem Zeitgeist. Wenn uns die digital rasanten Dinge aus der Hand zu gleiten scheinen, sehnen sich Menschen nach etwas Handfestem. Überschaubarem. Sinnlichem. Greifbarem. All das sind Bücher. Ein aktuelle Studie zeigt, dass wir, wenn wir am Bildschirm arbeiten, eine Aufmerksamkeitsspanne von gerade einmal 47 Sekunden aufweisen. Dann kommt der neue Reiz, die nächste Ablenkung, mit der wir uns auseinandersetzen müssen. Haptische Druckwerke fesseln dagegen in ihrer stillen Schönheit, sie eröffnen konzentrierte Räume, in die sich abtauchen lässt. Sie lassen uns pausieren. Bücher, die in einem namhaften Verlag erscheinen, besitzen zudem einen klaren Absender. Einen Editor, einen Dritten, eine vertrauenswürdige Instanz, die abwägt und entscheidet, bevor sie etwas in die Welt gibt. Ein Verlag verleiht einem Thema, einem Text sein Qualitätssiegel. Nur so ist zu erklären, wie ein altgedientes Printprodukt wie „Die Zeit“ seine Auflage um 110.000 Exemplare steigern konnte. In Zeiten von synthetischen Massentexten, die mit KI-basierten Sprachmodellen so schnell entstehen, dass sie kein Mensch mehr zu lesen vermag, strahlt der Wert eines ehrwürdigen Verlagshauses nur noch heller.

Hochwertige, objekthaft produzierte Bücher besitzen zudem einen leibhaftigen, oftmals persönlich betroffenen Autor, der an entlegene Winkel reisen, bis dato unbekannte Menschen besuchen und von seinen Erlebnissen berichten kann. Absolut unique. Leser wünschen sich diesen besonderen, diesen einzigartigen Gegenüber. Ein Wesen aus Fleisch und Blut. Ganz besonders bei Themen, die sie selbst belangen. Bücher sind handmade, gewissermaßen. Sie besitzen Substanz. Sie sind gedruckt und gebunden, sie lassen sich in die Hand nehmen. So wie das Sauerteigbrot vom Bäcker oder der unkaputtbare Suppentopf von Manufactum. Gut gemachte, schön gemachte Bücher beruhigen. Sie sind ein Kulturgut, das uns Menschen entspringt. Der Buchmarkt wird in Zukunft gewiss nicht wachsen, dafür werden seine Produkte kostbarer. Mit einem Satz: Es gibt sie noch, die guten Bücher.

Bildnachweis: Unsplash (Stefan Johnson)