Frisch aus der Toskana: Salbei. Eine kleine Genussreise
Manchmal genügen drei: eine Handvoll Pasta, ein guter Löffel Butter, einige Salbeiblätter. Schnörkellose Gerichte, die mit wenigen guten Zutaten zum Punkt kommen, dafür ist die toskanische Küche bekannt. Wie gut, dass ihr eines der ältesten Würzkräuter zur Seite steht: der Salbei. Eine mediterrane Genussreise in die Toskana.
Auch wenn der Salbei in vielen Küchen daheim ist, nirgends fühlt er sich so wohl wie in der norditalienischen. Für die gegenseitige Sympathie steht ein Gericht wie kein zweites: die „Saltimbocca alla Romana“, gebratene Kalbschnitzel, umhüllt von Salbei und Schinken. Ein toskanischer Rezeptbuch-Klassiker, dem reichlich mehr hinzuzufügen sind: etwa „Ossobuco“, die geschmorten Beinscheiben vom Kalb, „Involtini“, kleine toskanische Rouladen, und natürlich: Gnocchi, geschwenkt in Salbeibutter. Gerade mit kräftigen, kohlenhydrat- und fettreichen Lebensmitteln kommt das mediterrane Würzkraut bestens zurecht: Seine Bitter- und Gerbstoffe unterstützen Galle und Leber – und damit die Fettverdauung.
Zumal dann, wenn sie Unterstützung von der nahen Verwandtschaft bekommen: Oregano, Thymian, Majoran und natürlich Rosmarin. Sie alle gehören, wie der Salbei auch, in die Familie der Lippenblütengewächse. Dabei ist des Salbeis eigener Stamm schon unüberschaubar groß: An die 1.000 Arten verbreiten sich – bis auf Australien und die Antarktis – über den kompletten Globus. Dabei etablierten sich von den antiken Römern bis zu den Indianern Nordamerikas die unterschiedlichsten Salbei-Traditionen, ob in der Heilkunst, dem kultischen Räucherwesen oder eben in der Küchenpraxis. Wobei, das darf und kann nicht übersehen werden, zahlreiche Salbei-Arten brillieren auch als Zierpflanze. Große schmucke Blüten bilden sie aus: tiefblau, zartviolett, hellrosé, strahlend gelb, purpur, knallrot. Wer mag so viel Schönheit schon aufessen?
Da greifen wir doch lieber zu dem hierzulande besonders verbreiteten Garten-Salbei. Der „Echte Salbei“, wie er auch genannt wird, wächst bis zu einem Meter hoch, dabei trägt der silbrig-grüne Halbstrauch hell violette Blüten und bildet längliche, mit feinem Pelz besetzte Blätter aus. Wohl fühlt er sich an einem trockenen, sonnigen Plätzchen. Und so zählen – neben Italien – Frankreich, Dalmatien, Bulgarien, Albanien und die Türkei zu den Haupterntegebieten; neben dem Feldanbau gibt es auch Wildsammlungen. Frisch oder getrocknet, als ganzes Blatt oder zermahlen kommen die Salvia-Blätter schließlich in den Handel. Ihr balsamischer und trotzdem frischer Geruch ist einzigartig. Würzig herb, mit Bitternoten durchsetzt, zeigt sich ihr Aroma beim Kochen. Dabei nimmt es in der getrockneten Variante deutlich zu, sodass es bei einem Zuviel durchaus an Hustentee erinnern kann.
Seiner heilenden Kräfte wegen schätzten den Salbei bereits Ägypter, Griechen, Römer. Ursprünglich im östlichen Mittelmeerraum beheimatet, kultivieren sie ihn seit der Antike. Das Kraut gehört eindeutig zu den ältesten Kräuter- und Gewürzpflanzen. Mönche brachten die zarten Pflänzchen über die Alpen und damit in unsere Gefilde. Mit größtem Erfolg, denn mit beginnendem 9. Jahrhundert fand das Würzkraut keinen geringeren Unterstützer als Karl den Großen. In der „Capitulare de villis“, seiner Landgüterverordnung, schrieb der Kaiser en détail vor, wie die Garten- und Agrarwirtschaft auf den Krongütern auszusehen habe. In der Liste der anzubauenden Nutz- und Heilpflanzen, 73 Namen zählt sie insgesamt, finden sich auch „Salvia officinalis“, der Garten-Salbei, als auch „Salvia sclarea“, der Muskateller-Salbei. Aber nicht nur auf den kaiserlichen Gütern gedieh der mediterrane Einwanderer. Auch aus den Kloster- und später Bauerngärten war er nicht wegzudenken, ebenso wenig aus den mittelhochdeutschen Rezept- und Kräuterbüchern. Wen wundert es? Leitet sich sein Name doch von „salvare“, zu Deutsch: „heilen“ ab. Seine silbrig schimmernden Blätter enthalten einen hohen Anteil ätherischen Öls und darin zahlreiche Wirkstoffe: etwa erfrischendes Borneol und Kampfer, würziges Pinen und balsamisch wärmendes Thujon.
Text: Kerstin Rubel. Publikation: Gewürz- und Kulinarikmagazin „pfeffer“ (01/2017). Herausgeber: Fachverband der Gewürzindustrie. Bildnachweis: Unsplash (Alfons Taekema, Rowan Heuvel), Shutterstock (Lampas Azami, Magdanatka, Viktory Panchenko)