Prof. Dr. Sabine Paul: Gewürze als Brainfood
Gut gewürzte, aromenreiche Speisen gelten gemeinhin als Nervennahrung. Für Prof. Dr. Sabine Paul stecken in Gewürzen und Kräutern jedoch wahre Gehirn-Booster. Die Molekular- und Evolutionsbiologin gibt praktische Tipps, wie sie sich leicht in den Alltag integrieren lassen.
Sie bezeichnen Gewürze als Brainfood. Warum? „Stress verschließt unsere Sinnesorgane, er macht eng und klein. Gewürze und Kräuter öffnen sie wieder, sie lassen uns riechen, schmecken, anfassen. Das Hirn entspannt sich. Außerdem müssen diese speziellen Lebensmittel nicht erst unseren Verdauungstrakt passieren, um zu wirken. Ihre Geruchsstoffe erreichen die Nase in Sekundenschnelle: Dockt ein Duftmolekül erst an der Riechschleimhaut an, senden ihre Rezeptoren auch schon Signale ans Gehirn, speziell an das Emotions- und Erinnerungszentrum. Von hier aus können wir Stress- oder Angstreaktionen quasi auf Augenhöhe begegnen.“
Wie lässt sich Alltagsstress ganz praktisch mindern? „Etwa mit Rosmarin, auf meinem Schreibtisch steht meist ein ganzer Topf. Es genügt, mit der Hand durch seine Zweige zu fahren, um ätherische Öle freizusetzen und so Stresshormone, insbesondere Cortisol, herunterzufahren. Gleichzeitig steigert sein Duft unsere Konzentrationsfähigkeit. Rosmarin entspannt und macht trotzdem hellwach im Kopf, eine Kombination, die doch die meisten von uns brauchen. Für unterwegs eignen sich ätherische Öle oder Hydrolate, die sich in den Raum sprühen lassen. Einfache Helfer, die blitzschnell den Schalter umlegen. Grundsätzlich rate ich aber immer zum Original, also nicht zu isolierten Einzelsubstanzen, sondern zum vollen Aromen- und Wirkstoffspektrum.“
Das klingt machbar. Welche Gewürztipps lassen sich noch in einen Arbeitstag integrieren? „Eine Prise Zimt, über den Cappuccino oder ins Müsli gestreut, hilft bei Gedächtnis- und Lernschwächen. Genauso wie die angstlösenden Koriandersamen, die ich wirklich liebe. Ich röste die Körner und fülle sie mit schwarzem Pfeffer, eins zu eins, in eine Mühle, so habe ich beide als köstliche Gewürzmischung immer zur Hand. Pfeffer ist ein echter Gehirn-Booster. Er stärkt das Gedächtnis, schützt die Nervenzellen und hellt – ebenso wie Safran – die Stimmung auf. Und zwar massiv! Das belegen sogar klinische Studien. Als Bio-Enhancer verstärkt er zudem die Wirkung anderer Nervennährstoffe, die mit ihm gemeinsam aufgenommen werden. Ohne Pfeffer geht für mich nichts.“
Was ist in Ihrer Küche noch unverzichtbar? „Currypulver! Es besteht aus Kurkuma, der besten Präventionsmaßnahme gegen Demenz, und anderem Gehirn-Boostern wie Bockshornklee und Kreuzkümmel, Koriander und natürlich Pfeffer. Wobei die richtige Dosierung aller Gewürze in der Prise oder dem Hauch liegt. Brainfood muss schmecken, dann ist es auch gesund.“
Wer mehr über „Gehirndoping mit Gewürzen“ erfahren möchte, der kann im gleichnamigen Buch von Prof. Dr. Sabine Paul weiterlesen. Die Molekular- und Evolutionsbiologin unterrichtet, wenn sie keine Bücher schreibt, Food Management an der IU International University, Campus Frankfurt am Main.
Text: Kerstin Rubel. Publikation: Gewürz- und Kulinarikmagazin „pfeffer“ (01/2024). Herausgeber: Fachverband der Gewürzindustrie. Bildnachweis: Shutterstock (Karynav)